Am Rande des Domplatzes zu Füssen des Domes steht auf einem Sockel eine der letzten noch erhaltenen barocken Freiplastiken Erfurts. Obwohl oft unbeachtet, blickt die gerüstete Frauengestalt voll Stolz und Wohlwollen über den Marktplatz und verrät dabei ihre göttliche Herkunft. In römischem Gewand mit Brustpanzer, Helm und Lanze wirkt sie mächtig doch friedvoll. Fast lässig stützt sie sich auf ihr Schild, auf dem man das Medusenhaupt erkennen kann. Minerva ist es, Jupiters Tochter. Göttin der Weisheit und Schutzherrin der Wissenschaft und des kulturellen Fortschritts.
1784, als Erfurt unter Statthalter Karl Theodor von Dalberg einen neuen kulturellen Aufschwung erlebte, wurde sie aus Sandstein gefertigt. Der Laufbrunnen, den sie einst zierte, sollte den Erfurtern nicht bloß zur Trinkwasserversorgung dienen, sondern auch von Kultur und Fortschritt künden. Schade, dass der Brunnen der Weisheit heute nicht mehr fließt.
Lutz Klingebiel aus Erfurt sendete mir diese zwei alten Postkarten zu, auf denen man sehen kann, dass der Minerva-Brunnens um 1900 noch viel weiter vorn, an der Süd-Ost-Ecke des Domplatzes gestanden hat. Die römische Göttin blickte damals zum "Gasthaus zur hohen Lilie".
Fotos: Romstedt, 2012