Erfurt-Lese

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Hans-Jürgen Grabbe
Verleumdet, verfolgt, vertrieben
Der Wittenberger Arzt Paul Bosse und seine Familie 1900–1949

Dr. med. Paul Bosse (1881–1947) war von 1920 bis 1935 ärztlicher Leiter des Wittenberger Krankenhauses Paul-Gerhardt-Stift. In dieser Funktion erwarb er sich höchste Anerkennung. Nach 1933 geriet seine Familie in den Strudel der nationalsozialistischen Judenverfolgung, denn Dr. Bosses Frau Käte war jüdischer Herkunft. Die nationalsozialistische Stadtführung betrieb deshalb aktiv seine Ablösung, und die kirchliche Leitung des Krankenhauses setzte dem nichts entgegen. Im Oktober 1935 eröffnete Paul Bosse eine private Entbindungsklinik, um deren Bestand er bis zu seinem Tod im März 1947 kämpfte. Angehörige gingen ins Exil oder wurden verhaftet und kamen in Konzentrationslager. Die Schwägerin beging Selbstmord, Käte Bosse wurde 1944 im KZ Ravensbrück umgebracht.
Grabbes Familienporträt zeigt auf erschütternde Weise, wie im NS-Staat missliebige Personen ausgegrenzt und verfolgt wurden. Dank der reichen Überlieferung wird das Schicksal der Familie Bosse zu einem exemplarischen Kapitel deutscher Zeitgeschichte, zumal sich für einige der nach Wittenberg zurückgekehrten Familienmitglieder Repressalien der SED unmittelbar an die Verfolgung durch die Nationalsozialisten anschlossen

Andreasviertel

Andreasviertel

Andreas Schareck

Das Andreasviertel liegt im Norden der Altstadt und übt durch seine liebevoll restaurierten Fachwerkhäuser und gemütlichen Hinterhöfe einen ganz besonderen Reiz aus. Wer durch das Viertel spaziert, vergisst schnell, dass Erfurt eine Großstadt ist. Die schmalen Gassen und die niedriggeschossigen Häuschen erinnern eher an eine Dorfidylle. Vielleicht ist es gerade diese Atmosphäre, die das Viertel, das unweit des Domplatzes liegt, zu einem der beliebtesten Wohngebiete in Erfurt macht. Dabei wurde das Gebiet seit dem 12. Jahrhundert von Handwerkern bewohnt, sodass man prachtvolle Häuser, wie man sie zum Beispiel um den Fischmarkt herum findet, vergeblich sucht. Einige Straßennamen, wie etwa die Weber- oder Pergamentergasse, erinnern noch heute an die ehemaligen Bewohner dieses Quartiers.

Die Pläne, das Viertel Ende der 80er abzureißen, wurden nicht umgesetzt, und so ist es einer Bürgerinitiative und wohl auch dem knappen Budget für derlei Bauvorhaben zu verdanken, dass das romantische Stadtgebiet noch heute steht.

Im Mittelalter befand sich neben den Wohnhäusern der Handwerker auch der jüdische Friedhof im Andreasviertel. Dort, wo heute die Große Ackerhofsgasse liegt, hatten einst die jüdischen Grabsteine ihren Platz. Als die Juden in der Mitte des 15. Jahrhunderts der Stadt verwiesen worden, errichtete man auf dem frei gewordenen Platz zunächst die städtische Scheune und später den Großen Kornspeicher. Die Grabsteine finden sich bis heute im gesamten damaligen Stadtgebiet wieder – als Baumaterial für Gebäude und Straßen.


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Foto: A. Perschon

Textquelle:

Andreas Schareck: Erfurt, mdv Mitteldeutscher Verlag GmbH, Halle (Saale), 2014, S. 32

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