Der namentlich erwähnte Stern wird in diesem Gedicht als Synonym für den einstigen Statthalter Anselm Franz Ernst Freiherr von Warsberg verwendet. Zu seinen Vorgängern gehörte auch Philip Wilhelm Reichsgraf zu Boineburg, der maßgeblich versuchte, der Stadt zu neuem Glanz zu verhelfen, das infolge der „Liederstreits" von 1712 entzweite Volk zu einen, sowie die sich in Erfurt befindenden Truppen in eigens für sie angelegte Kasernen zu verlegen. Sie quartierten sich nämlich bei den ansässigen Handwerkern ein und gingen unzünftiger Arbeit nach. Zudem reformierte er das Handels- und Finanzwesen. Auch von Warsberg schlug diesen Reformkurs ein. Ihm und seinem Amtsantritt zu Ehren schrieb Erfurterin Sidonia Hedwig Zäunemann dieses wie ein Hohelied anmutende Gedicht und legte es dem Statthalter von Warsberg am neunten Herbstmond (September) vor.
Anette Huber-Kemmisies
Das durch einen Stern regierte Erfurt, wurde, als der Hochwürdigste, Hochgebohrne Reichs-Freyherr, Herr Anshelm Franz Ernst von Warsberg, derer Hohen Erz- und Dohm-Stifter Maynz, Trier und Speyer resp. Probst, Chor-Bischof und Capitular-Herr, auch Churf&uumuuml;rstl. Maynzis. Geheimer Rath etc. zum Stadthalter zu Erfurt vorgestellet wurde, gehorsamst vorgestellt.
Den 9ten des Herbstmon. 1732.
(Sidonia Hedwig Zäunemann)
1. Ich sah Erfordien betrübt und traurig stehen,
Die Augen waren naß, mit Thränen angefüllt,
Doch sah ich auch zugleich die Themis zu ihr gehen.
Die voller Freuden rief: Dein Jammer ist gestillt.
Du weintest, daß dein Licht bishero nicht geschienen,
Dieweil Morbonens Hand dasselbe ausgelöscht.
Jedoch getrost! dein Glück fängt wieder an zu grünen,
Da eine hohe Hand dich von den Thränen wäscht.
Der Grosse Churfürst CARL hat einen Stern ersehen,
Derselbe soll dein Licht, dein Glanz, dein Führer seyn.
Es wird nun bald um dich nach schönsten Wunsche stehen,
Die graue Finsterniß zieht ihren Schatten ein.
Des Warsbergs kluges Haupt soll dich hinfort regieren,
Sein Name Ernst wird dir zu einem Stern gesetzt,
Nun wird dich wohl so leicht kein Ungemach berühren;
Weil eine Freuden-Quell dich überall benetzt.
2. Kaum war diß holde Wort aus Themis Munde gangen;
So fiel ihr Fama drein, und rufte: Höre mich!
Du hast die Wahrheit selbst aus Themis Mund empfangen,
Drum folge meinen Rath: Auf! und ergötze dich!
Denn heute ist der Tag, die Stunde angekommen,
Da dir des Himmels Gnad ein Glücke zugebracht:
Er hat des Nebels Duft von dir hinweggenommen,
Und ist nur auf dein Glück und schönsten Flor bedacht.
Dort auf der Themis Schloß, das sie durch sich bezieret,
Und wo ihr heilges Schwerd sich blitzend blicken läßt,
Wird jetzt zu deinem Wohl was herrliches verspühret,
Denn man begehet da ein grosses Freuden-Fest.
Dein Churfürst PHILLIPP CARL dein Theurer Landes-Vater,
Aus dessen Seele nichts als lauter Gnade rinnt;
Der aller Augen Trost, ihr allerbester Rather,
Und treuster Schutz-Gott ist, liebt dich als wie sein Kind.
Der Herr von Greifenklau wird jetzt zu dir gesendet,
Der stellt dir einen Stern zu deinem Führer vor;
Ein Stern, der seinen Glanz nunmehro zu dir wendet
Der vor dein Wohlseyn wacht und deiner Bürger Flor.
Ja, glaube dieser Stern wird deine Leuchte heisen,
Die dir mit allem Ernst die Wohlfahrts-Wege zeigt,
Er wird das Wiedrige von deinen Augen weisen,
Damit dein Fuß der Ruhe stets besteigt.
Komm! komm Erfordia! du must hier nicht verziehen!
Komm! gehe nun mit mir in Themis grosses Haus,
Und schaue, wie daselbst die Freuden-Rosen blühen;
Hier wirft der güldne Stern die schönsten Strahlen aus.
Wie? sprach Erfordia: Ist mir ein solches Glücke
Vom Himmel zugedacht? kan dieses möglich seyn?
Soll wohl ein solcher Stern, den ich mit Lust erblicke,
Mein Licht und Führer seyn? O schöner Freuden-Schein!
Triumph! nun frag ich nichts nach Sturm und allen Wettern,
Ich habe einen Stern, der mich nach Wunsch regiert;
Der kan durch einen Strahl der Feinde Arm zerschmettern,
Indem er mich zum Pol der sichern Ruhe führt.
Nun kan ich höchst erfreut, nach Lust und nach Verlangen
So, wie es meiner Brust beliebt und nur gefällt,
Durch dieses Sternes Zier vor andern strahlend prangen;
Weil mich desselben Glanz und Einfluß stets erhält.
Ja, Fama, diese Post hat mich recht stolz gemachet,
Mein Trauren ist vorbey, und nunmehr ganz versenkt,
So, daß an diesen Tag mein Mund vor Freude lachet,
Und an Victoria! und sonst an nichts gedenkt.
Sie schwieg, der Tag brach an, sie stunden auf und giengen
Und kamen alsobald in Themis Hause an,
Allwo sich alle drey aufs zärtlichste empfingen:
Die Fama fragte gleich: Hab ich nicht recht gethan?
Indem ich dich ermahn mein Wort vor wahr zu halten.
Ja sprach Erfordia; es trift jetzt richtig zu:
Ich sehe über mich des Himmels Vorsicht walten;
Die Sonne geht nicht ehr zu ihrer Abend-Ruh:
Es sey denn alles dieß, was du gesagt, vollzogen.
Drauf sah Erfordia auch ihrer Kinder Schaar,
Sie ruften überlaut: Das Glück ist uns gewogen,
Es scheinet uns ein Stern mit Ernst sehr hell und klar.
Alsdann ließ Greifenklau sich vor dem Volke hören:
Sieh deinen Warsberg an! Er bringt dir neue Kraft,
Von nun an solst du Ihn als deinen Schutz-Gott ehren:
Bekümmerniß und Leid wird völlig weggeraft.
Nimm Erfurt! diesen Stern, nimm diesen zum Regenten
Den dir dein Churfürst CARL aus Vaters Gnade schickt;
Wir wünschten dir nicht Glück, wofern wir ihn nicht kennten,
Ein jeder freuet sich, der diesen Stern erblickt.
Doch must du deine Pflicht auch in Betrachtung ziehen,
Der Ungehorsam muß von dir entfernet seyn:
Die Liebe muß nur stets in deinem Herzen blühen,
So wirst du auch erquickt von seinem Gnaden-Schein.
Drauf fiel Ersordia mit ihren Kindern nieder,
Und sagte vor die Gnad dem grossen Churfürst Dank.
Sie schien ganz auser sich, und sann auf Jubel-Lieder.
Die Wunde war geheilt, ihr Herz war nicht mehr krank.
Nach diesen wand sie sich auch zu dem Vice-Fürsten,
Dem sie mit Furcht und Ehr den schuldgen Hand-Kuß gab,
Nun wird mich, sprach sie frey, nicht mehr nach Troste dürsten;
Drauf sang sie dieses Lied noch zum Beschlusse ab:
3. Himmel! du hast mich beglücket,
Und mir von dem Sternen-Pol
Einen schönen Stern geschicket.
Ey! wie ist mir nun so wohl!
Daß mein Herze jubiliret,
Und der Mund die Regung weißt,
Da derselbe mich regieret,
Und mein treuer Führer heist,
4. Theurer Stern! wirf deine Strahlen
Stets in Gnaden auf mich zu;
So kan ich im Schmucke prahlen
Und erlange süsse Ruh:
Denn wenn deine Strahlen funkeln;
So entweicht die Finsterniß:
Ohne dich müßt ich verdunkeln,
Ohne Dich fiel ich gewiß.
5. Güldner Stern! laß deinen Schimmer
Uber meinen Mauren seyn.
Fliehe nicht aus meinem Zimmer,
Nimm dasselbe täglich ein.
Schenke Deinen Glanz dem Lande,
Zu der Unterthanen Heil;
So wird einem jeden Stande
Sonderbares Wohl zu Theil.
6. Hoher Stern! ich will nun schliessen,
Ich befehle mich dir an.
Laß nach mir die Strahlen schiessen;
Zeige mir die Tugend-Bahn.
Wird dereinst das Weltgetümmel
In viel tausend Trümmern gehn,
Wirst Du als ein Stern am Himmel
Von der ersten Grösse stehn.