In vielen europäischen Städten kann man sogenannte „Stolpersteine” finden. Vielleicht sind auch Sie schon einmal über einen solchen gestolpert, sprichwörtlich versteht sich. Ein Stolperstein ist zehn Zentimeter langer, breiter wie hoher Betonquader, der ebenerdig in das Straßenpflaster eingefügt wurde und auf dessen Oberseite eine Messingplatte verankert ist. Damit hebt sich dieser Stein von der umliegenden Asphalt- oder Pflasterdecke visuell ab und wer bei einem solchen stehen bleibt und ihn betrachtet, kann einen eingravierten Namen, Lebensdaten und Angaben zum Schicksal des benannten Menschen lesen.
Die Verlegung dieser Stolpersteine ist nicht willkürlich. Es sind Gedenksteine. Sie sollen an jene Menschen erinnern, die dem sogenannten Ausschwitzerlass Heinrich Himmlers zum Opfer fielen. Im Allgemeinen sind sie vor Häusern platziert, nämlich dort wo jener Mensch wohnte, lebte oder arbeitete, dessen Gedacht werden soll. In ganz Europa erinnern mittlerweile über 35.000 Stolpersteine. Und ihre Zahl wächst stetig. Die Idee stammt übrigens vom Kölner Künstler Gunter Demnig. Im Hamburger Abendblatt teilte er mit: „Wer den Namen des Opfers lesen will, muss sich herunterbeugen. In diesem Moment verbeugt er sich vor ihm."
Haben Sie in Erfurt schon einmal einen Stolperstein entdeckt? Nein? Können Sie auch nicht. Denn Erfurt tanzt hier auch aus der Reihe: Das Andenken an diese Opfer wach zu halten, ist auch hier ein wichtiges Anliegen. Doch ausgehend von der Kritik (1), dass mittels der Stolpersteine die Würde der Opfer mit Füßen getreten werde, hat man in Erfurt bewusst nach einer anderen Lösung gesucht.
Im Rahmen eines Wettbewerbes hat sich die Jury für die Idee der 1,40 m hohen DenkNadeln entschieden. Sie sollen dem Betrachter sinnbildlich einen Stich versetzen. Der Entwurf entstammt der künstlerischen Hand der jungen Erfurterin Sophie Hollmann.
Der extravagante Entscheidung hat ihren Nachteil: Die Her- und auch Aufstellung der DenkNadeln sind erheblich kostenintensiver als die andernorts üblichen Stolpersteine. Statt 120 Euro müssen die Sponsoren 1.800 Euro aufbringen. Auch können die Nadeln nicht an allen Orten aufgestellt werden. Zudem gibt es kritische Stimmen: Nicht selten würden die Nadeln von Betrachtern als riesige Eistüte missverstanden.
Insgesamt sind momentan acht Nadeln in der Erfurter Innenstadt zu finden. Am 9. November 2009 waren die ersten drei feierlich errichtet worden, bis Ende 2012 kamen fünf weitere hinzu.
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Fotos: W. Neubert