Der spätere Reformator Martin Luther studierte seit 1501 an der Universität zu Erfurt, die damals als eine der bedeutendsten Universitäten Deutschlands galt. Das Studium beinhaltete unter anderem die Lehre von Kenntnissen in den so genannten sieben freien Künsten: Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Geometrie, Arithmetik, Musik und Astronomie. 1502 erhielt er damit den ersten akademischen Grad, das Bakkalaureat, bevor er drei Jahre später auch den Magistertitel zuerkannt bekam. Anschließend sollte Luther auf Wunsch seines Vaters das Studium der Rechtswissenschaften beginnen, um nach erfolgreichem Abschluss eine geachtete Stellung als Jurist zu erhalten.
Doch Sommer des gleichen Jahres geriet er in ein schreckliches Unwetter, das sein Leben verändern sollte. Es wird berichtet, dass Luther von einem lebensfrohen Gesellen, wie ihn seine Freunde kannten, daraufhin ein demütiger, nach der Gnade Gottes suchender Mönch geworden sei.
Was war passiert? Die Legende besagt, dass er sich (nach einem Besuch bei seinen Eltern in Mansfeld) gerade auf dem Rückweg nach Erfurt befand und schon fast bis Stotternheim gekommen war, als ein Gewitter ihn auf freiem Felde überraschte und unmittelbar neben ihm der Blitz einschlug. Todesängste soll er ausgestanden und in seiner Not zur Heiligen Anna, der Mutter Marias, gerufen haben: „Heilige Anna, hilf! Lässt du mich leben, so will ich ein Mönch werden!"
Zum Gedenken an diesen wichtigen Moment, der Luthers leben wendete, wurde an ebendieser Stelle ein großer Stein gesetzt. mehr zum Lutherstein
Ob es damals wirklich so dramatisch zuging, wer weiß das zu sagen. Sicher ist jedoch, dass Martin Luther bereits vorher den Entschluss gefasst hatte, Mönch zu werden und dass er am 17. Juli 1505 gegen den Willen seines Vaters in das Augustinerkloster in Erfurt eintrat, wo er im Jahr darauf das Mönchsgelübde ablegte.
Das Leben im Kloster war hart. Der Tag begann bereits um drei Uhr morgens und war bestimmt durch Fasten, Beten und Arbeiten. Er fand im Kloster seinen engen Bezug zur Bibel, der seine Werke und Tätigkeiten prägte.
Im Februar 1507 wurde Luther in Erfurt zum Priester geweiht und durfte im Mai seine erste Messe lesen. Verwandte und Freunde waren dazu eingeladen. Noch im selben Jahr begann Luther mit dem Theologiestudium und lernte die Heilige Schrift im hebräischen Original lesen.
Im Laufe seines Studiums weitete sich seine Kritik an der Institution der damaligen Kirche. Im Gespräch mit Freunden teilte er seine gewonnenen Erkenntnisse mit. Auf diese Weise verbreitete sich in Erfurt der protestantische Glauben bereits vor dem Reformationsjahr. Der Erfurter Liederstreit bezeugt dies.
Nach einer Reise nach Rom erhielt er 1511 eine Stelle an die Universität in Wittenberg, wo er 1715 die berühmten 95 Thesen gegen den Ablasshandel und andere kirchliche Missstände zu Papier brachte.
Um das Jahr 1521 war Luther oft zu Besuch in der Stadt Erfurt. Er predigte u.a. in der Michaeliskirche, der Kaufmannskirche, der Barfüßerkirche und in seiner ehemaligen Klosterkirche, der Augustinerkirche. So trug er den Geist seiner Lehre in die Stadt an der Gera. Als er nach weiteren vier Jahren auf dem Wege zum Wormser Reichstag in Erfurt Halt machte, ward er von den Bürgern jubelnd empfangen. Zum Gedenken an seine Erfurter Zeit wurde im 19. Jahrhundert neben der Erfurter Kaufmannskirche das Lutherdenkmal aufgestellt.
>>> Mehr über Luthers Wirken in der Umgebung Erfurts können Sie auf der Weimar-Lese erfahren.