Auf der Krämerbrücke in Erfurt gibt es allerhand schönes zu sehen: Kleine Geschäfte bieten die verschiedensten Waren feil. Man fühlt sich angesichts der schmalen Fachwerkhäuser in eine Zeit zurückversetzt, die längst vergangen ist. Gerne kaufen Einheimische wie Touristen hier Geschenke und Mitbringsel.
Ein besonderes und unmittelbares Geschenk befindet sich aber auf der rechten Seite vom Benediktsplatz kommend am Fuße der Krämerbrücke: das „Theatrum Mundi" des Puppenschnitzers und Holzbildhauers Martin Gobsch.
"Theatrum Mundi" bedeutet soviel wie Welttheater; tatsächlich ist hier eine ganze Welt im Kleinen dargestellt. Der Ursprung dieser Theaterform reicht in die Zeit der Renaissance und des Barock zurück, den Zuschauern sollten die Eitelkeiten und Nichtigkeiten der Welt vor Augen geführt werden. Im Wandel der Zeit änderte sich die Metaphorik des Welttheaters. Seine Sinnhaftigkeit formte sich durch die Darstellung lehrreicher Geschichten und unterhaltsamer Aufführungen um.
„[...] Während aber bei einem wirklichen Theater die Verwandlungen der Szenerien fast ausschließlich hinter geschlossenem Vorhang erfolgen, vollziehen sich hier die Veränderungen in stetem Gange ohne Unterbrechung der Handlung vor den Augen des Beschauers. [...] Kein leitender Draht, keine regierende Hand ist dabei zu sehen, nichts verrät das wunderbare Getriebe. Nur die geistreich benutzten Forschungen auf dem Gebiete der Mechanik und die angewandten Erfahrungen ermöglichen die reiche Handlung. Kunst und Mechanik feiern in diesem Theater gleiche Triumphe."
(Rieser Volksblatt 23. Oktober 1891. In: Hermann Sagemüller: Kunstreiter Gaukler Wasserspringer., S. 82f )
Vor dem Haus 2 auf der Krämerbrücke sammeln sich oft viele Menschen, um an jenem mechanischem Theatervorspiel teilzuhaben. Gezeigt wird hier die Welt des „Schneewittchen". Nach Münzeinwurft (je nach Länge 1 oder 2 Euro) erwacht die böse Königin aus dem Schlaf und liftet einen unter ihrem Umhang verborgenen Spiegel, durch den der Zuschauer die Szenerien des grimmschen Märchens, dargestellt durch 20 bewegliche Figuren, betrachten kann. Selbst der Vorhang, hinter dem in einem klassischen Theater alle Umbaumaßnahmen abspielen, wird hier durch den Umhang der Königin ausgestellt und erhält einen zentralen Platz im Stück.
Das Erfurt Theatrum Mundi fügt sich perfekt in die Gestaltung der Krämerbrücke ein. Neben diesem Theater befindet sich ebenfalls Gobschs Puppenwerkstadt, die nicht nur Schauwerkstatt sondern auch Krämerladen ist. Schauen sie doch auch einmal hinein!
2017 soll es in Erfurt ein zweites, größeres Theatrum Mundi geben. Die Kinder- und Jugendbibliothek in der Marktstraße möchte in ihrem Schaufenster gern auch solch ein mechanisches Theater haben. Puppenbauer Martin Gobsch hat bereits zugesagt und hierfür auch schon eine Idee erarbeitet. Ein Bücherkauz soll hier die zentrale Figur sein. Vielleicht wird Ende 2014 bereits ein erster Teil des großen Ganzen im Schaufenster zu sehen sein. Wir sind gespannt.
Die Finanzi erung wird von Spenden getragen. Für Interessierte liegen Faltblätter in der Bibbliothek und der Puppenwerkstatt aus.
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Fotos: Tina Romstedt