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Der Bronstein-Defekt

und andere Geschichten

Christoph Werner

"Ich stellte bald an mir selbst die Verführung durch Zählen und Auswerten fest und empfand die Wonne, Gesetzmäßigkeiten bei gewissen Massenerscheinungen festzustellen. Nichts war vor mir sicher. Als erstes machte ich mich über die Friedhöfe her..."

Rudolf von Habsburg in Erfurt

Rudolf von Habsburg in Erfurt

Die Erfurter haben im Laufe der Geschichte manchen Kaiser und König in ihren Mauern gesehen. Keiner aber hat so lange hier seinen Aufenthalt genommen wie der Kaiser Rudolf von Habsburg. Vom 14. Dezember 1289 bis zum Allerheiligentage (1. November) 1290, also beinahe 11 Monate lang, war das Peterskloster in Erfurt der Wohnsitz des Kaisers.

Es war die Zeit, da durch Kriege und Fehden die Unsicherheit im Thüringer Lande groß war und viele Ritterburgen, einst zum Schutze des Landes und Volkes erbaut, Räubersitze geworden waren. Die räuberischen Ritter, die den Kaufleuten auf ihren Reisen oft Schaden zufügten, galt es zu züchtigen und zu beseitigen; und Rudolf von Habsburg tat es gründlich.

Die Sage erzählt, dass auch im Steiger auf der Kuhweide, inmitten des Weges zwischen Erfurt und Rhoda, in jener Zeit ein festes Schloss namens Dienstberg stand, dessen Bewohner die Bürger und Bauern überfielen und beraubten, obgleich sie wussten, wie der Kaiser mit den thüringischen Raubrittern im Geratal verfahren war. Da bot Rudolf die Bürger Erfurts, die den Hammer in ihrem Gewerbe führten, an, mit ihm das Räubernest in der Wagd, so hieß damals der Steigerwald, auszuroden. Freudig zogen sie am 13. Mai 1290 hinauf, brachen die Burg, töteten die Ritter und streuten nach Erfurter Sitte Waidsamen in die Trümmer, um aller Welt zu zeigen, dass die Erfurter hier gesiegt hätten.

Die Frau des Ritters vom Dienstberge aber hatte zwei junge Söhne; die schmückte sie mit allerlei Geschmeide, führte sie vor den Kaiser, fiel ihm zu Füßen und bat um das Leben der Kinder. Dieser begnadigte die Frau und die Knaben, und bei der Rückkehr des Kaisers in die Stadt mussten Mutter und Söhne mit ihm reiten.

Durch seine tatkräftige Hilfe hatte der Kaiser bald die Herzen der Erfurter Bürger gewonnen, und sie jubelten ihm zu, wo sie ihn zu Gesicht bekamen. Er aber war ein fröhlicher und meist gutgelaunter Mann, der auch an dem Leben und Treiben der Erfurter gern teilnahm. Als er eines Tages einen Bierrufer das frische Gebräu seines Bieres nach Gewohnheit und Gebrauch ausrufen hörte, ließ er sich ein Glas dicker Schlunze - so hieß das Erfurter Bier wegen seiner Dicke und Güte - geben, und rief wie der Bierrufer: „Ein guet arfordisch Bier hat Harr Seifert von Buttstedt ufgeton!"

So lebt neben den Herrschertaten des Kaisers auch sein volkstümliches Wesen im Volksmunde fort.

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Überlieferungen gefunden in:

Schulrat Dr. Kürsten/ Rektor Leineweber (Hrsg.): O du Heimatflur. Eine Heimatkunde der Stadt Erfurt in Einzelschriften. Heft 1. Erfurter Sagen, Kenser´sche Buchhandlung Erfurt (ca. 1940)

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