Erfurt-Lese

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Mitgelaufen

Christoph Werner

Das Buch „Mitgelaufen“ ist nicht wie andere Bücher über das Leben in der DDR. Hier liegt nicht der Fokus auf Mangelwirtschaft, einer allmächtigen Partei und der Staatssicherheit. Der Autor ist auch kein Opfer des Regimes, dem schreckliches widerfahren ist. Er gehört zu der großen Masse derjenigen, die sich als Rädchen im Mechanismus der DDR-Diktatur gedreht haben. Christoph Werner bricht mit seinem Buch das Schweigen der Mitläufer. Er stellt sich seiner eigenen Vergangenheit und dem Wissen, dass er selbst durch seine Zurückhaltung oder auch lautstarke Zustimmung das alte System lange am Leben erhalten hat. Jahrzehnte nach dem Mauerfall eröffnet er damit vor allem der heranwachsenden Generation, welche die DDR nur noch vom Hörensagen kennt, einen ganz neuen Blickwinkel auf ihre Geschichte.

Ohne Anklage und ohne den Versuch der Rechtfertigung wagt er eine kritische Betrachtung aus dem eigenen Erleben und gewährt Einblicke in eine vergangene Zeit.
Möge der Leser nicht mit dem Zeigefinger auf ihn zeigen, sondern sich fragen, wie oft er heute selbst dem Mainstream folgt oder mutig zu sich selbst und seiner Meinung steht.

Erfurter Gärtnerlied

Erfurter Gärtnerlied

Anette Huber-Kemmesies

Erfurt ist allgemein als Blumenstadt bekannt. Der Erfurter Christian Reichardt (1685–1775) gilt als Wegbereiter des modernen Erwerbsgartenbaus; der Däne Niels Lund Chrestensen (1840–1914) etablierte die Samen- und Pflanzenzucht in Erfurt. Doch neben den floralen Schönheiten, die sowohl die Ega als auch die ganze Stadt verschönern, zeichnet sich Erfurts Umland durch den regionalen Gemüseanbau aus. So gehörten bald Kohl, Zwiebeln, Brunnenkresse und die besonders große „Puffbohne", die zum Thüringentag 2.000 zum Stadtmaskottchen erkoren wurde, zu den beliebten regionalen Gemüsesorten, die auf den Märkten feilgeboten wurden. Der Lehrer Wilhelm Schütz pflichtete dem bei und widmete den Produkten und Gärtnern folgendes Lied.

Erfurter Gärtnerlied
(Wilhelm Schütz, 1873)

Kennt Ihr Klingen, die nicht klingen?
Wisst Ihr wohl, was ist ein Jahn?
Ei, das sind die Brunnkressklingen,
Kohlterassen nebenan.
Jedes Kohlkopfs weiße Blume
Blüht zum Segen uns und Ruhme.


Nur in Erfurt ist gut wohnen;
Aber wisst Ihr auch, warum?
Rings um Erfurt blüh'n Puffbohnen,
Unser Stolz und Gaudium.
Fragt in Pommern, fragt in Schwaben,
Solche Bohnen sie nicht haben.

Wollet ihr in summa hören,
Was wir Gärtner alles bau'n?
Gurken, Zwiebeln, Sell'rie, Möhren
Für den Hausbedarf der Frau'n;
Weiß und roth blüht uns're Mohne
Und ihr Haupt trägt eine Krone.


Frühauf sind wir Gärtnersleute,
Ziehn hinaus im Morgenroth;
Und die Gärtnerei schafft Freude,
Legt uns Schinken auf das Brod,
Füllt mit Lagerbier die Flaschen,
Steckt uns Silber in die Taschen.

Hört, Ihr Lilien, hört, ihr Rosen,
Die ihr blühend uns umringt,
Mit dem Gärtner dürft Ihr kosen,
Der von Euren Reizen singt;
Und wir Gärtner, könnt' es glauben,
Schnäbeln sanfter noch als Tauben.

***

Teaserfoto: Tina Romstedt

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