Die Entstehung dieser recht unscheinbaren, in Erfurts Innenstadt gelegene (am Fischersand) Kirche ist durch fehlende bzw. unvollständige Überlieferungen verschleiert. Sagen und Legenden durchweben die Entstehungsgeschichte, doch wird ihr Baujahr auf das Jahr 1253 datiert. Es wurde erzählt, dass eine Hostie aus der St. Martini-Kirche entfernt wurde; die Wiederbeschaffung der Hostie und Enthüllung des Frevels veranlasste der Mainzer Erzbischof Christian II., der Patrizier Ulrich Vierling entdeckte die verloren gegangene Hostie – die Diebe wurden nie ermittelt – und zum Zeichen der Sühne sollte eine Corpus-Christi-Kapelle, also ein Ort, an der dem Leib des Herren geweiht ist, erbaut werden. Dies war üblich im 13. Jahrhundert und Erfurt besaß solch eine Stätte noch nicht.
Den Grundstein dieser Kapelle bildete ein alter, als heilig geltender Brunnen (sacer fons). Dieser war bis zum großen Erfurter Brand für die Öffentlichkeit frei zugänglich. Der Brunnen selbst stammt noch aus vorchristlicher Zeit und war der heidnischen Göttin Silvia geweiht.
Die Kapelle wurde über die Jahre hinweg mehrmals umgebaut und konsekriert. Das Entstehungsjahr beläuft sich auf die erste Weihe am 13. Juli 1253.
Bis zum 15. Jahrhundert befand sich die Kapelle im ständigen Umbau; der große Brand von 1472 erforderte einen umfassenden Neubau, durch den die Kapelle vergrößert und somit zur Kirche wurde.
Die Ausstattung der Kirche ist über die Jahre hinweg schlicht geblieben, keine prunkvollen Altäre, keine erhabenen Gottesdarstellungen und dennoch glänzt diese Bauwerk durch seine schleierhafte Geschichte, die auf Legenden beruht. Heute wird sie als Seminarraum und Oratorium der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Erfurt genutzt.
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(Quelle: Joseph Kappler: Die Kirche zum heiligen Brunnen (Ecclesia Sacri Fontis) in Erfurt, St. Benno-Verlag Leipzig 1957)
Foto: TomKidd; Wikipedia http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c1/Brunnenkirche.jpg