Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen – das sind die fünf Sinne des Menschen, dargestellt in einem Fries auf dem Ende des 16. Jahrhundert erbauten „Haus zum Breiten Herd". Sie spiegeln das Menschenbild der Renaissance wider: der Mensch als Mittelpunkt, als Wesen der nicht nur ästhetischen, sondern auch wissenschaftlichen Wahrnehmung, durch die sein Leben geprägt ist.
Die bunten Reliefs mit detailgetreuen Abbildungen, Voluten und Ornamenten übermitteln ein Gefühl jener lebensbejahenden Schöpferkraft des Renaissance-Menschen. Steht man diesem prachtvollen Gebäude gegenüber, gleicht dies einer Sinnesorgie, die dem Menschen der Gegenwart zuweilen befremdlich vorkommen mag. Doch so war sie, die Kunst der Renaissance: überwältigend, farbenfroh und schöpferisch. Und so wurde sie auch im Jahre 2005 aufwendig überarbeitet und rekonstruiert.
Die Fassadengestaltung des Giebelhauses orientiert sich an Vorlagen des berühmten aus Antwerpen stammenden Renaissance-Künstlers Frans Floris. Beauftragt wurde der Bau des Bürgerhauses durch den damaligen Stadtvogt und Ratsmeister Heinrich von Denstedt im Jahre 1584. Nach dem Tod der Vorbesitzer, wurde das Gebäude nebst Vermögen den Jesuiten zugesprochen. Im Jahre 1609 zog die protestantische Familie Dutzenrodt ein.
1630 wurde es Biereigenhof. 1670 konnte dann der Besitzer des „Haus zur Hohen Lilie” auch dieses Schmuckstück sein Eigen nennen. Damit aber der Besitz des Hauses nicht der kurmainzischen Regierung in die Hände viel, kaufte es der Legationsrat Otto Christoph Schulze mitsamt des benachbarten Gasthof „Zum Stölzel”.
Aber noch bevor der Neubau überhaupt geplant war, fand etwas anders im „Haus zum Breiten Herd” statt: In der sich darin befindenden „Eisenwarenhandlung Walther” brannte zum ersten Mal ein elektrisches Licht in Erfurt, wodurch der Grundstein für die Stromversorgung gelegt war.
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Fotos: T. Romstedt