Erfurt-Lese

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Ein Episodenromen über zwei Männer, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Dabei sind beide Maler – der eine lebt in London, der andere in Dresden; der eine ist weltoffen, der andere düster melancholisch. Tauchen sie ein in die Welt von  J. M. William Turner und Caspar David Friedrich.

Um ewig einst zu leben
Christoph Werner

Dr. Sylvia Bräsel

Dr. Sylvia Bräsel

Anette Huber-Kemmesies

Literaturwissenschaftlerin der Universität Erfurt und Mirok Li- Preisträgerin

Als die Erfurter Wissenschaftlerin Dr. Sylvia Bräsel über-setzte...

„Nichts dürfte leichter zu tieferem Verständnis eines Volkes führen, als die Kenntnis dessen, was sich das Volk in seinen Mußestunden erzählt, und woran es selbst seine Freude hat oder worüber es sich lustig macht."

Mit diesen eindringlichen und vielsagenden Worten leitet André Eckardt, deutscher Missionar und Koreanist, seine koreanische Märchensammlung „Unter dem Odongbaum" ein. Durch seine Übertragung der Märchen ins Deutsche schaffte Eckardt vor allem eines: Die Grenzen zwischen Ost und West, zwischen Orient und Okzident transparenter zu machen und die Exotik, die dem „Lande der Morgenstille" - wie der einheimische Name Tschoson übersetzt wird - ein Stück weit zu bezwingen. Ein Indiz dafür wäre schon der Titel des Buches, denn in der Mitte eines jeden koreanischen Dorfes befand sich immer auch ein Odongbaum. Hier erzählten sich die Koreaner ihre Märchen und Sagen, ein äußerst beliebter Zeitvertreib nach harter Arbeit. In Deutschland entspricht dieser der uns bekannten Dorflinde, unter der besondere Ereignisse wie Hochzeiten aber auch Rechtsprechungen abgehalten wurden.

Auch die Erfurter Literaturwissenschaftlerin Dr. Sylvia Bräsel zog es im Jahre 1992 nach Südkorea. Das Verständnis für diese zwar Jahrtausende alte, aber im westlichen Bewusstsein noch sehr junge Kultur, dass Frau Bräsel mitbrachte, war wohl auch in der Gemeinsamkeit, in einem geteilten Land zu leben begründet. Durch ihr Übersetzen nach Korea erschlossen sich also zahlreiche Möglichkeiten. Vor allem aus der daraus resultierenden Übersetzungsarbeit im Sinne der Beziehungsforschung zwischen den Ländern, wurde sie am 10. November 2009 mit dem Mirok-Li-Preis der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft für ihre interkulturellen Verdienste geehrt.

Ein grenzüberschreitender Austausch, wie sie es in ihrer Dankesrede artikulierte, kann „nur in einem vertrauensvollen Miteinander, in einer Atmosphäre von gegenseitiger Achtung, Dialogbereitschaft und Wissen gedeihen." Es gilt also, Mauern nieder zu reißen, nicht nur materielle, sondern auch imaginäre, in den Köpfen der Menschen bestehende. Deshalb steht die Lebensmaxime des Mirok Li, „Alle Menschen über alle Meere hinweg sind Brüder", die dem Konfuzianismus entlehnt ist, selbst auch für die kulturübergreifende Arbeit. Nur durch die Verinnerlichung dieses Lehrsatzes wird uns bewusst, dass nicht die Europäer, Amerikaner oder Asiaten für sich selbst das Maß aller Dinge sind, sondern, dass Abgrenzungen je nach System, Kultur und Anschauung gemacht werden müssen, die uns bislang fremde Kulturen verständlicher machen und die eine oder andere Gemeinsamkeit transparent wird.

Dies, liebe Leserinnen und Leser, sieht Sylvia Bräsel als ihre „Verpflichtung und Motivation", die die in Erfurt an der hiesigen Universität Lehrende auch an ihre Studenten weitergibt und sie anregt, „in die Welt zu gehen." Doch ihr Engagement besteht nicht nur in literarischen Übersetzungen, für die sie auch mit dem Daesan-Preis ausgezeichnet wurde; sie organisiert auch interkulturelle Lesungen mit renommierten koreanischen Lyrikern wie KO Un oder KIM kwang- Kyu und dem in Weimar lebenden Schriftsteller Wulf Kirsten. Dabei wird Unsichtbares sichtbar: Nämlich die Ähnlichkeit der Völker untereinander, nicht nur im philosophischen Sinne. Denn die Lyrik der genannten Autoren, sowie auch das Werk des Mirok Li, unterscheiden sich hauptsächlich in der Sprache, ähneln sich aber in ihrer Motivation und Thematik. Denn beide Länder - Deutschland und Korea - hatten unter ähnlichen Bedingungen innerstaatliche Grenzen und Mauern zu überwinden und tun es immer noch, sei es aufgrund von politischen Gegebenheiten oder gedanklichen.

Durch ihre tatkräftige Unterstützung auf dem Gebiet der kulturellen Forschung ebnet Dr. Bräsel den Weg in eine freiere (Gedanken-)Welt im Sinne der Deutsch- Koreanischen Gesellschaft: „Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen dem koreanischen und dem deutschen Volke zu pflegen und hierdurch dem Gedanken der internationalen Verbundenheit und der Völkerverständigung zu dienen."

Sylvia Bräsel wurde am 15.06.1952 in Meinsberg in Sachsen geboren. An der Universität Leipzig studierte sie zunächst Germanistik und Geschichte (1971-1975) und absolvierte eine Lehrprobe an der Universität Krakau/Polen. Sie unterrichtete an der Universität Leipzig Deutsch als Fremdsprache und promovierte 1979 mit dem Thema „Künstlerproblematik und Gesellschaftsanalyse in den Zeitromanen Klaus Manns".

Nach dem Fall der Berliner Mauer reiste Frau Dr. Bräsel 1991 nach Asien und arbeitete im Auftrag des DAAD und des Bundesverwaltungsamtes als Lektorin an der Beijing Foreign Studies University in Peking, um dann in Südkorea als Associate Visiting Professor an der Yonsei Universität in Seoul tätig zu sein. Zudem arbeitete sie als Expertin für deutsche Sprache, Literatur und Landeskunde in Sofia. 1999 trat sie wieder in den Dienst der Universität Erfurt und arbeitet bis 2017 als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Lehrstuhls für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und auch als ehrenamtliche Dozentin für Ostasiatische Geschichte. Neben ihrer Kulturbeziehungsforschung bezüglich Koreas hält sie dort auf Einladungen von Universitäten und Instituten Vorträge. Unter anderem ist sie Herausgeberin „Koreanischer Erzählungen" sowie Verfasserin von Werkartikeln zu koreanischen Persönlichkeiten im Bereich der Literatur. Unter ihren zahlreichen Publikationen und Artikeln finden sich auch etliche in koreanischen Zeitschriften, beispielsweise in der Zeitschrift für deutschsprachige Kultur und Literaturen, Seoul, wieder. Dr. Sylvia Bräsel ist verheiratet und hat eine Tochter.


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Fotos: Dr. Bräsel

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