Erfurt-Lese

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Von diesem unrühmlichen Erfurter Geschehnis wie auch vom Leben und Wirken des Stauferkönigs Heinrich VI. erzählt Christoph Werner in seiner historischen Erzählung.

 

Erfurter Latrinensturz

Erfurter Latrinensturz

Anette Huber-Kemmesies

In der Welfenchronik ist Barbarossa mit seinen Söhnen abgebildet; Heinrich ist an der Krone erkennbar.
In der Welfenchronik ist Barbarossa mit seinen Söhnen abgebildet; Heinrich ist an der Krone erkennbar.

 

Im Jahre 1184, zurzeit Kaiser Barbarossas, stritten der Mainzer Erzbischof Konrad I. und der thüringische Landgraf Ludwig III. um die, sowohl wirtschaftlich als auch strategisch wichtige Stadt Erfurt. Friedrich Barbarossa konnte es sich nicht leisten, einen der beiden Streithähne vor den Kopf zu stoßen. Denn Konrad von Mainz war sein Erzkanzler und Ludwig sein Neffe und absolut kaisertreuer Mitstreiter. Deshalb beauftragte der Kaiser seinen Sohn Heinrich VI., nach Erfurt zu reisen und mit diplomatischem Geschick den Streit beizulegen. Der 19-jährige Heinrich war bereits in jungen Jahren zum Mitkönig ernannt worden und war politisch nicht mehr unerfahren.

Der Ort, an dem wegen dem Zwist Hof gehalten wurde, ist umstritten; zwei Möglichkeiten kommen dabei in Frage: erstens ist in Überlieferungen von der erzbischhöflichen Burg auf dem Domberg die Rede, zweitens aber auch von der Dompropstei des Marienstifts.

Die Frage, ob die Stadt zukünftig von geistlicher oder weltlicher Hand regiert werden sollte, war auch für den Adel und die hohe Geistlichkeit der weiteren Umgebung von enormer Wichtigkeit. Daher war eine Vielzahl an Fürsten und Bischöfen anwesend. Der Raum in der zweiten Etage der Burg oder Dompropstei war so gefüllt, dass die Balken die Last nicht zu tragen vermochten.

Der thüringische Landgraf Ludwig III.
Der thüringische Landgraf Ludwig III.

Ob Zufall oder nicht, der Erzbischof und König Heinrich saßen gerade zu einer internen Beratung auf einer der Fensterbänke, was ihnen wohl das Leben gerettet hat. Denn unversehens brachen die Bodenbalken und der Großteil der Versammlung stürzte in das darunterliegende Stockwerk. Durch die Wucht und den Aufprall der Menschen und des Baumaterials brachen auch die maroden Balken der ersten Etage und die Teilnehmer der Versammlung stürzten – so berichtet die Sage Ludwig Bechsteins – in das darunter liegende „heimliche Gemach", die Kloake.

Viele verloren ihr Leben durch herabstürzende Balken und Steine. Einige ertranken und erstickten in den Fäkalien. Landgraf Ludwig überlebte den Vorfall und konnte gerettet werden. Auch die Fensternischensitzer konnten nach einiger Wartezeit mit Hilfe von Leitern geborgen werden.

Heinrich reiste sofort nach seiner Rettung aus dieser frappierenden Situation schockiert ab. Dieser Streit stank zum Himmel – und blieb ungeschlichtet.  

 

 

 

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Bilder gemeinfrei

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