Erfurt-Lese

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Johann Joachim Winckelmanns Wirken auf Schloss Nöthnitz und in Dresden

Klaus-Werner Haupt

Nach rastlosen Jahren findet Johann Joachim Winckelmann auf dem nahe Dresden gelegenen Schloss Nöthnitz eine Anstellung als Bibliothekar. Die bünausche Bibliothek und die Kunstsammlungen der nahen Residenzstadt ermöglichen Kontakte mit namhaften Gelehrten. In ihrem Kreise erwirbt der Dreißigjährige das Rüstzeug für seine wissenschaftliche Karriere. Sein epochales Werk „Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Werke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst“ (1755) lenkt den Blick auf die Kunstsammlungen Augusts III. und ebnet den Weg nach Rom.

Winckelmanns Briefe, von denen mehr als fünfzig aus den sächsischen Jahren überliefert sind, lassen seinen Karrieresprung, aber auch seine persönlichen Nöte vor unseren Augen lebendig werden. Zwei Gastbeiträge über die jüngere Geschichte des Schlosses und die Visionen der Freunde Schloss Nöthnitz e. V. runden den Jubiläumsband ab.

Waidhandel in Erfurt

Waidhandel in Erfurt

Anette Huber-Kemmesies

Die Waidpflanze, aus der im Mittelalter blauer Farbstoff gewonnen wurde, blüht gelb.
Die Waidpflanze, aus der im Mittelalter blauer Farbstoff gewonnen wurde, blüht gelb.

Durch den Waidanbau avancierte Erfurt schnell zum Zentrum des Waidhandels; dieser galt bald als wichtigster wirtschaftlicher Zweig der Stadt. Dadurch wurde der Stadt im 15. Jahrhundert auch die Teilnahme an Handelsmessen in Frankfurt am Main und Leipzig ermöglicht. Sie bildeten eine für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Stadt bedeutende Möglichkeit neue Absatzmärkte zu erschließen. Vermutlich ist es auch dem Waid zu verdanken gewesen, dass die Erfurter Bürger die Kosten für die Gründung der Universität im Jahre 1392 selbst tragen konnten. Durch die großen Handels- und Steuereinnahmen konnte Erfurt seinen Landbesitz vergrößern und nun die umliegenden Dörfer in sein Stadtgebiet integrieren.

Auf dem Anger wurde seit 1531 der sogenannte Ballenwaid – kleine, handtellergroße Kugeln – feilgeboten. Außer Sonn- und Feiertags wurde vom Trinitatis (1. Sonntag nach Pfingsten) bis Michaelis (29. September) täglich mit Waid gehandelt. Im Zuchtbrief wurde dabei genau festgelegt, wer wie und wann den Waid von den Bauern abkaufen durfte. Käufer bzw. Waidhändler kamen aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands: aus den Hansestaaten gleichermaßen wie aus den südlichen und westlichen Räumen des Landes. Gut rekonstruierte Handelsrouten zeigen sogar den Export des Erzeugnisses über die Grenzen Deutschlands hinaus, unter anderem bis nach England.

 

Ende des 16. Jahrhunderts begann der Niedergang des Waidhandels. Bereits 1498 gelangte der in Asien und Amerika beheimatete Indigostrauch aus Indien nach Europa. Doch da der Umgang mit Indigo anfangs große Schwierigkeiten beinhaltete, war er noch keine Gefahr für den Waid. 1577 wurden das Färben mit Indigo und das Anbieten von mit Indigo gefärbten Stoffen unter Strafe gestellt. Allerdings wurde weiterhin mit dem Farbstoff experimentiert, sodass sich der Umgang mit ihm verbesserte. Die Arbeit mit Indigo im Vergleich zum Waid erwies sich als viel preiswerter und zeitsparender und der Niedergang des Waids war besiegelt. Unterstütz wurde er zudem vom Dreißigjährigen Krieg im 17. Jahrhundert, durch den wesentliche wirtschaftliche Verluste entstanden. Ein Mangel an Anbaufläche und Arbeitskraft trat ein. Auch der erneute Ausbruch der Pest im Jahre 1684 ließ die Einwohnerzahl und damit die Zahl der Händler und der Waidbauern nebst ihrer Helfer schrumpfen. Die Nachfrage nach dem einst so beliebten Waid fiel zusehends. Während im Jahr 1579 Waidbauern in 49 Dörfern Waid anbauten, waren es 1747 nur noch drei Erfurter und zwölf Gothaer Dörfer.

Der bekannte Erfurter Pharmazeut und Apotheker Johann Bartholomäus Trommsdorff (1770–1837 in Erfurt) entwickelte zwar ein Verfahren, mit dem man aus frisch geernteten Waid schneller den blauen Farbstoff gewinnen konnte, doch war dieses Verfahren durch den kärglichen Ertrag nicht nachhaltig genug und zum Scheitern verurteilt.

Ab dem 20. Jahrhundert wurde der Waidanbau in Thüringen ganz eingestellt, denn die Herstellung von Farbstoffen erfolgte immer häufiger durch chemische Synthese.

Dass Erfurt einst eine Stätte des Waids war, zeigt sich vor allem an den Straßennamen und Platzbezeichnungen wie „Färberwaidweg", „Waidpfad", „Waidmühlenweg" und „An der Waidwäsche". Zudem befindet sich auf dem Gelände der Erfurter Cyriaksburg (ega) eine gut erhaltene Waidmühle.

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