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Heinrich von Kleist zählt heute zu den Klassikern. Zu Lebzeiten blieb ihm der Erfolg vorenthalten. Stets stand er im Schatten Goethes. Als letzter Ausweg blieb ihm die Tat, zu der Goethe nur im Werther den Mut fand: Der Selbstmord.

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Christoph Martin Wielands Wirken in Erfurt

Christoph Martin Wielands Wirken in Erfurt

Tiffany Tabbert

Fast vier Jahre lang, von 1769–1772, weilte und wirkte Wieland in Erfurt

 

Christoph Martin Wieland (1733–1813) war zweifellos einer der einflussreichsten Schriftsteller und Literaten seiner Zeit. Ob nun Lyrik, Prosa oder Libretti für das Musiktheater, ob als Verleger oder Übersetzer – Wieland war ein Multitalent. Im Alter von 35 Jahren wurde er der erste Professor für Philosophie an der Universität Erfurt. Wenige wissen, er ist lediglich wegen seines guten Namens zum Professor berufen worden um die angeschlagene Universität Erfurt vor dem Studentenschwund zu bewahren. Trotzdem ging er, entgegen den Erwartungen, seiner Lehrverpflichtung vorbildlich nach.

Die alte Universität zu Erfurt
Die alte Universität zu Erfurt

Seine Vorlesungen, die er an vier Tagen in der Woche jeweils zwei Stunden hielt, bescherten der Universität zahlreiche Hörerschaft. Das Programm seiner Lehreinheiten gibt uns einen Einblick, über die fachliche Vielseitigkeit und das umfangreiche Wissen Wielands. Seine Vorlesungen  beschäftigten sich nicht nur mit philosophischen Themen wie Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften, Über Philosophie der der Geschichte, oder über Iselins Geschichte der Menschheit oder Ciceros Bücher von den Pflichten. Auch europäische Literatur (Über griechische, lateinische, englische und französische Schriftsteller), Geschichte (Geschichte von Karl dem Großen bis zum Westfälischen Frieden) oder Naturwissenschaften und Medizin (Lehre von der Natur, den Kräften, Bewegungen, Tugenden, Lastern und Krankheiten der menschlichen Seele und von der Heilung der letzteren) fanden in seinen Vorlesungen Platz. Weil Wieland einige Zeit in der Schweiz verbracht und dort als Hauslehrer arbeitete, ähnelte sein Lehrprogramm mit der Ausarbeitung einer universellen Kulturgeschichte dem schweizerischen Schulplan. Leider nützen die zahlreichen Bemühungen die Universität zu retten nichts. Der stetige Rückgang der Studenten führte letztendlich 45 Jahre später zur Schließung, lange nachdem der Dichter die Stadt 1772 verlassen hatte. Einzig die „Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt” blieb bis heute bestehen. 1754 war Wieland, bei einem kurzen Aufenthalt in Erfurt wo er vor seinem Jurastudium ein Philosophiestudium begann, deren Mitbegründer.

Hier wohnte Wieland mit seiner Familie während seiner Zeit in Erfurt.
Hier wohnte Wieland mit seiner Familie während seiner Zeit in Erfurt.

In Erfurt widmete sich der junge Professor allerdings nicht nur der Arbeit an der Universität. Die Literatur im 18. Jahrhundert folgt keinem bestimmten Paradigma. Vielmehr wurden Gattungen und Traditionen verändert und genau das zeigt Wieland in seinen Werken. Er schrieb sowohl den  Roman  Die Dialogen des Diogenes von Sinope (1770) mit griechischer Thematik, einen Staatsroman Der goldene Spiegel oder Die Könige von Scheschian (1772) der auf fernöstliche Traditionen eingeht, beteiligt sich an der Erfurtischen gelehrten Zeitung, vervollständigt und veröffentlich die Versepen Grazien (1770), Der neue Amadis. Ein comisches Gedicht (1771) und verfasst Beyträge zur geheimen Geschichte des menschlichen Verstandes und Herzens (1770). Er fördert den Roman Geschichte des Fräuleins von Sternheim (1771), der von Sophie la Roche, ehemalige Verlobte und Cousine des Schriftstellers, verfasst wurde. Es war der erste deutsche Roman von einer Frau.

Ende 1771 hielt sich Wieland vermehrt in der benachbarten Residenz des Herzoges von Sachsen-Weimar und Eisenach auf. Herzogin Anna Amalia bot ihm schließlich eine Stelle als Prinzenerzieher an. Dabei wurden klare Arbeitsverhältnisse geschaffen. Er bezog ein Gehalt von 1000 Talern und sollte nach drei Jahren Prinzenerziehung bis an sein Lebensende eine Pension von 600 Talern bekommen. Hier zeichnet sich deutlich ab welche Möglichkeiten dem Dichter bereitgestellt wurden. Sein Verdienst war gesichert, im Alter konnte er sich voll und ganz auf seine Arbeit als freier Schriftsteller, Übersetzer und Verleger konzentrieren, ohne von einem unstetigen Einkommen und nicht gewollten Auftragsarbeiten abhängig sein zu müssen. Im September 1772 zog Wieland aus seinem Haus, dem heutigen „Haus zum alten Schwan”, aus und mit seiner Familie nach Weimar.

 

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Fotos: Tina Romstedt

 

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